Die Escher Kerb fällt traditionell auf den 19. Sonntag nach Trinitatis, das ist i.d.R. das dritte Wochenende im Oktober. Die Ursprünge der Kerb in der heutigen Form sind noch nicht bekannt, die „Kirchweih“ dürfte aber zumindest auf das 18. Jahrhundert zurück gehen. Die ältesten derzeit vorliegenden Nachweise einer Kerbegesellschaft stammen aus dem Jahr 1922, die „Kerbegesellschaft“ ist aber sicherlich deutlich älter.
Kerbegesellschaft 1936 vor Gasthaus zur Krone
Kerbevadder 1936 vor Gsthaus zur Krone
Kerbeehepaar 1936
Anzeige zur Beerdigung der Escher Kerb im Jahr 1922 unter Kerwepräsident Otto Bund. Foto von Ilse Schwed
Kerbeumzug 1938 vorm Gasthaus zum Taunus, Foto von Irmgard Pfeil
Im Verlauf der Zeit entwickelten sich rund um die Kerb viele Bräuche und Traditionen, unter anderem die Kerbeborsch und ein zughöriges Liedgut und Spruchtum, was sich teilweise von dem der umliegenden Gemeinden unterschied. Insbesondere ist eine Grenze zwischen den ehemaligen Untertaunus-Gemeinden und dem Hochtaunus zu erkennen, wo einige Lieder mit anderen Texten gesungen werden. Die Kerbegesellschaft, zu der erst in den 90er Jahren erstmals auch Mädchen gehörten, bestand aus der Dorfjugend und dem Kewevadder (zeitweise auch Kerwepräsident), später auch einer Kerwemudder. Voraussetzung für die Kerbeborsch und -mädcher war grundsätzlich ein passendes Lebensalter und die Tatsache, dass man noch nicht verheiratet sein durfte. Traditionell wurden die Rivalitäten zwischen den Dörfern auf den jeweiligen Kerben lautstark ausgetragen, wobei sich die örtliche Kerbegesellschaft dabei durchsetzen und die Platzherrschaft behaupten musste, sonst galt die Kerb als „abgenommen“.
Kerbewagen der Kerbeborsch Esch 1968, Foto Familie Ott
Kerbezug 1968 auf der Schwalbacher Straße vor den Häusern (v.l.n.r.) Wolfsheimer/Behrendt, Werner/Ott und Kohnle/Leichtfuß. Foto von Familie Ott
Der Schlackes wird am Krebebaum befestigt, vor der Turnhalle, Kerb 1968. Foto von Familie Ott
Kerbegesellschaft am Kohlberg, vermutlich 1960er Jahre. Foto von Familie Theo Weller
Kerb im Gasthaus “ Zum deutschen Haus“. Foto von Familie Theo Weller
Foto von Familie Theo Weller
Symbole der jeweiligen Kerb, wie etwa Kerbefahnen (gab es in Esch eigentlich nie), der Kerbebaum und der Schlackes (eine Strohpuppe, die die Kerb symbolisierte, später auch Johann genannt) durften nicht in die Hände anderer Gruppen fallen. Erhebliche Ablösen und vor allem Gesichtsverlust waren die Folge.
In den Jahren 1976 bis 1978 wurde die Kerb, wie sich Stefan Moog erinnert, in sehr großem Stil gefeiert, der Kerbeumzug war laut der Idsteiner Zeitung einer der größten in der ganzen Gegend und hatte bis zu zwanzig Zugnummern. Organisatoren waren neben den jeweiligen Kerbegesellschaften vor allem Friedel Moos, Stefan Moog, Fritz Flören und Thomas Weller. Die Zugspitze bildete Günther Engel mit seinem Auto. Der Zug wurde auch „die Quetsch“ genannt, da Quetschekuche in großem Umfang (man maß ihn in Quadratmetern, deren Anzahl schon mal zweistellig war) entlang der Zugstrecke verteilt wurde. Zudem existierte in den genannten Jahren jeweils ein echter Kerbehammel, genannt Oskar (gefolgt von Oskar II. und Oskar III.), der einige Wochen nach der Kerb die Hauptrolle beim Hammelessen im Gasthaus Zum Grünen Baum spielen durfte. In diesen Jahren war Kerbevadder Achim Diehl und Kerbemudder Gertrud Heilhecker.
Der Kinderchor beim Kerbezug 1970er/1980er Jahre. Foto von Edith und Theo Weller
Wagen der Gaststätte zum Grünen Baum, Kerbezug 1970er/1980er Jahre
Wagen des Frauenchors beim Kerbezug 1970er/1980er Jahre
Ein typischer Ablauf in den 1980er/1990er Jahren war folgender:
Tag Programmpunkt
Freitag Kerbebaum aus dem Wald holen und bewachen
Samstag Kerbebaum an der Turnhalle aufstellen und Kerbetanz in der Halle
Sonntag Frühschoppen, ggf. Tombola, Kerbezug
Montag Ausklang in den Gaststätten
Dienstag 0 Uhr, Ende, Verbrennen des Schlackes
Dabei gab es auf dem Parkplatz im Turnhallenweg einen Rummelplatz mit Autoscooter, Kettenkarusell, Schießbude, Losbude und Zuckerstand. Ausrichter der Kerb war der Vereinsring, der auch für die Rahmenbedingungen wie Genehmigungen und Versicherungen sorgte. Ausrichter der Kerben in der Turnhalle war der Turnverein Esch 1893 e.V.
Kinderkarussell auf der Escher Kerb, 1984
Mitte der 1990er Jahre kam die Kerb fast zum Erliegen. Eine letzte Kerbegesellschaft richtete 1998 nach einer mehrjährigen Pause zusammen mit dem Vereinsring die erste und bislang einzige Kerb im Dorfgemeinschaftshaus aus. Kerwevadder war Peter Heilhecker.
Die bislang letzte Escher Krebsgesellschaft bei der Kerb 1998 im DGH.
Oben stehend v.l.n.r.: Christian Kern, Jasmin Heilhecker, Marco Gissel, Marcel Byron, Volker Ermel, Dorothe Mayer, Melanie Merkel, Jan Kirchner, Matthias Ott
Oben sitzend v.l.n.r.: Matthias Moog, Dorian Schwed, Andreas Erhardt, Stephanie Kern.
Unten stehend v.l.n.r.: Bürgermeister Rudolf Dörr, Vereinsringsvorsitzender Manfred Hönge, Herbert Engelhardt
Zwsichen 1998 und 1999 löste sich der Vereinsring auf, so dass die bereits geplante Kerb 1999 keine wirtschaftliche Basis mehr hatte und nicht mehr durchgeführt wurde. Immerhin gibt es neben der Einfahrt zum Vorplatz des DGH noch ein für einen Kerbebaum vorgesehenes Loch. Vielleicht wird es ja mal wieder irgendwann…
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