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Advent und Weihnachten

Weihnachtliche Grußkarte aus Esch, Foto von R. Wick

Weihnachtliche Grußkarte aus Esch, Foto von R. Wick

Viel spezielles Brauchtum in der Weihnachtszeit ist mir aus alten Tagen nicht überliefert worden. Ich erinnere mich an verschiedene Veranstaltungen in der Vorweihnachtszeit, von denen ich hier berichten kann.

Traditionell begann bzw. beginnt die Weihnachtszeit nach dem Totensonntag. Vorher, so haben es meine Mutter und meine Omas schon immer gehalten, gehört sich das anbringen von Weihnachtsschmuck nicht. Das erste sichtbare Zeichen das es Weihnachten wird ist sicher der traditionelle, elektrisch beleuchtete Weihnachtsbaum. Der Stand früher vor dem Rathaus, jetzt steht er am Parkplatz vor dem DGH in dem dortigen „Baumständer“, der auch einen Kerbebaum aufnehmen könnte.

Weihnachtskarten Esch – Ansicht Borngasse / Kirchgasse. Foto von R. Wick

Über die Zeit entwickelten sich verschiedene Veranstaltungen, die hin und wieder auch wieder verschwanden, so ein Adventsbasar im Kindergarten, für den wir Kinder Baumschmuck und Kerzenständer aus Staniolpapier bastelten und meine Mutter Häkeldeckchen anfertigte. Ende der 80er, vielleicht bis Mitte der 90er, gab es auf dem Parkplatz zwischen ehemaliger Turnhalle und heutigem Dorfgemeinschaftshaus einen Weihnachtsmarkt des Gewerbevereins, bei dem sich Waldemser Gewerbetreibende präsentierten.

Im DGH findet auch die Seniorenweihnachtsfeier statt, die ich auch unter dem Begriff „Altennachmittag“ kennen. Bis zu seiner Auflösung sorgte der Frauenchor hier für die Bewirtung, inzwischen wird das vom Ortsbeirat organisiert. Die Weihnachtsfeier des Turnvereins fand meist am selben Wochenende statt, so dass in der Turnhalle bzw. später im DGH nur einmal weihnachtlich dekoriert werden musste und der Sportbetrieb nicht zu lange ruhte. Bei dieser Feier gab es Vorführungen der einzelnen Abteilungen und der Nikolaus (ganz traditionell mit Bischhofsmütze) bescherte die jüngeren Mitglieder. Der Frauenchor veranstaltete bis zuletzt auch ein Adventssingen vor dem DGH, an dem auch die Sängervereinigung 1883 Esch e.V. teilnahm. In den 1990er Jahren bis zum Anfang der 2000er kam der Nikolaus am Nikolausabend ins Feuerwehrhaus in der Schulgasse, wo die Eltern vorher die kleinen Geschenke für die Kinder abgeben konnten, die dann vom Nikolaus im roten Mantel an die Kleinen ausgegeben wurden.

Der Nikolaus bei der Weihnachtsfeier des TV Esch 1985

Der Nikolaus bei der Weihnachtsfeier des TV Esch 1985

Die Weihnachtstage selbst sind traditionell Tage für die Familie. Entweder in der evangelischen oder der Katholische Kirche findet am Nachmittag des heiligen Abend ein ökumenischer Kindergottesdienst, oft mit Krippenspiel, statt. In den Kirchen gibt es dann die jewieligen Feiern an den Folgetagen. Trotz der Ruhe und Einkehr hat in manchen Jahren, insbesondere zu Zeiten von Peter Sedlak als Wirt, auch das Gasthaus Zur Krone am späten Heiligabend geöffnet. Auch der Club 74 hatte an den Weihnachtsfeiertagen auf.

Mit dem 27. Dezember schloss sich dann die Zeit zwischen den Jahren an, die ebenfalls besondere Eigenheiten aufweist.

Schwalbacher Straße 19

Innenansicht des Gasthaus zur Krone, in den 1930er/1940er Jahren. Foto von Roman Wick

Bereits zur Zeit des 30jährigen Krieges gab es in Esch ein „Gasthaus zur Krone“. So findet sich im Bestand des hessichen Saatsarchives ein Eintrag zum Jahr 1620:

Dei Reuterei, so uff 4500 starck undt darüber Grave Heinrich von Berg dass commando hat, ist Donnerstag durch Esch geruckt.

Das Gebiet der Pfarrei Esch und die Anfänge Ihrer Dörfer, Bauer

Hier wird ein „Gasthaus zur Krone“ in der Folge mehrmals erwähnt, so dass bei eben diesem Durchmarsch in 1620 der Wirt der Krone schwere Schäden an Geld, Lebensmitteln, Getränken und Früchten gehabt hätte. Als 1631 wiederum die Schweden in Esch lagen hätten diese sich zwar erträglich benommen, seien dem Kronenwirt Alexander Himmel junior aber einen ziemlichen Betrag für Essen, Wein und Hafer schuldig geblieben. Eben die Spanier verwüsteten auf ihrem Rückzug im Jahre 1634 den Ort stark. Ob die Krone diese Zerstörungen überstanden hat ist nicht bekannt, auch nicht, wo sich dieses Gasthaus seinerzeit befunden hat.

Das heutige „Gasthaus zur Krone“ in der Schwalbacher Straße 19 wurde um 1850 von der Familie Lanz errichtet und um 1900 um einen Tanzsaal mit Kegelbahn ergänzt, in dem auch Sitzungen und Feste abgehalten werden konnten. Ab 1905 war das Gasthaus auch Vereinslokal des Turnvereins, der im Winterhalbjahr auch den Saal für seine Turnstunden nutzte.

Ansichtskarte Gasthaus zur Krone
Ansichtskarte Gasthaus zur Krone

Nachdem die Familie Lanz die Gaststätte nicht mehr weiter führte wurde sie zeitweise von der Familie Schieder betrieben. Im Saal wurde Mitte der 1960er Jahre eine Diskothek eröffnet. Pächter war Heinz Weissbart und nach dem Eröffnungsjahr wurde der „Beatschuppen“ „Club 66“ genannt. In den 1970er Jahren pachtete Hans Sedlak den alten Saal und eröffnete darin die bald überregional bekannte Diskothek „Club 74“. Parallel dazu betrieb sein Bruder Peter Sedlak (sen.) die Gaststätte weiter, die nach wie vor ein Dorfgasthaus blieb. Allerdings blieben bauliche Unterhaltungen bis in die 1990er Jahre weitgehend aus. Die Diskothek zog Mitte dieses Jahrzehnts in das Neubaugebiet Auf der Lind und der Saal, zu dem auch die Toiletten der Gaststätte gehörten, wurde schnell baufällig und ist teilweise vom Einsturz bedroht. Auch die Gaststätte wurde dann zeitweise geschlossen

Eingangsbereich zum Saal Lanz, damals "Club 74", etwa Anfang der 1990er Jahre
Eingangsbereich zum Saal Lanz, damals „Club 74“, etwa Anfang der 1990er Jahre (Fto: DenkXweb)

Erst als die Krone etwa 1995/1996 von Michael Kranich übernommen wurde, wurde sie erstmals seit langem wieder modernisiert. In dieser Zeit hatte die Gaststätte den Beinamen „up seits“.  Bis heute betrieben das Lokal immer wieder wechselnde Besitzer, so etwa Ruzdija „Rudi“ Lekovic, der bereits im Gasthaus Zur Traube in Bermbach mit seiner jugoslawischen Küche viele Gäste anzog, Nils Günkel oder Cornelia Preuß, die vorher die Linde in Niederems betrieb. Nach mehreren Phasen mit kürzerem und längerem Leerstand wechselten sich ab 2017 verschiedene Pächter ab, die jeweils eine Raucherkneipe mit Automatenspiel in der Krone betrieben. Im Jahr 2019 musste der Straßenseitige Giebel des alten Saales und das Dach des ehemaligen Eingangsbereiches und der Toilettenanlage aufgrund baulicher Mängel abgetragen werden.

Das eigentliche Grundstück ist nach wie vor im Besitz der Familie Lanz.

Quellen: