Der erste Kartoffelkäfer

Feldarbeit 1941. Foto von Irmgard Pfeil

Die Kartoffel wurde wohl um 1615 in Nassau zunächst als Zierpflanze heimisch. Erst im 18. Jahrhundert wurde sie auch zur Ernährung der Bevölkerung genutzt, anfangs noch als seltene Sonntagsspeise. Um 1750 wurde sie in Preußen mit den so genannten „Kartoffelbefehlen“ Friedrich II. massiv verbreitet. Auch in den Nassauer Herzogtümern halfen Kartoffeln, die Auswirkungen von Missernten in den 1770er Jahren zu mildern. Seither gehört die Kartoffel zu den grundlegenden Nahrungsmitteln.

Da die Kartoffel aus Südamerika importiert worden war gab es zunächst keine Schädlinge, die der Pflanze im großen Umfang gefährlich werden konnten. Erst im 19. Jahrhundert kamen die Kartoffelkäfer über die großen Häfen nach Europa. Bis in die 1910er Jahre beschränkte sich ihr Vorkommen auf das westliche Europa, vor allem Frankreich. Im 1. Weltkrieg verbreitetet Deutschland im Rahmen der Propaganda, dass Frankreich die Käfer per Flugzeug über Deutschland abwerfen wolle, um die Kartoffelernte zu vernichten.

In den 1930er Jahren tauchten dann tatsächlich erstmals im nennenswerten Umfang Kartoffelkäfer in Deutschland auf. Im 2. Weltkrieg wurde der Käfer wieder Mittel zur Propaganda. Deutschland und England beschuldigten sich gegenseitig, die Insekten aus Flugzeugen über dem jeweils anderen gebiet abzuwerfen. Dafür, dass das tatsächlich passierte, gibt es keine historischen Belege.

Albert Bund berichtete Esch historisch von der ersten Entdeckung des Käfers in Esch. Es muss wohl im Jahr 1942 gewesen sein, als erstmals ein Käfer auf dem Kartoffelacker von Julius Fischer am Heftricher Weg gegenüber des jüdischen Friedhofes entdeckt wurde. Das ganze Ort kam aufgeregt an Ort und Stelle zusammen, und natürlich war man sich sicher, dass der Ami die Käfer abgeworfen haben muss. In der Folge wurden Maßnahmen des 1935 gegründeten „Kartoffelkäfer-Abwehrdienstes KAD“ des Reichsernährungsamtes umgesetzt. Da gab es z.B, die Kartoffelkäfer-Fiebel, die an die Schulkinder verteilt worden waren. Die Kinder bekamen auch in den Folgejahren, in denen die Kartoffelkäfer-Plage sich zusehends ausweitete, mit Ihren Lehrern fallweise den Auftrag, im Feld „Kartoffelkäfer lesen“ zu gehen. Das bedeutete statt Schulbank einen Tag im freien und wurde, so Albert Bund, in der Regel begeistert aufgenommen.

In der Folge versuchte man dem Käfer mit allerhand Mitteln bei zu kommen, u.a. brachten die amerikanischen Besatzer Pestizide mit, wie etwa das gesundheitlich sehr bedenkliche Lindan. In Ermangelung geeigneter Gefäße haben dies die Escher in den Hungerjahren nach dem Krieg, wie etwa 1947, in Strümpfen nach Hause getragen und teils deutlich überdosiert aufgebracht, erinnert sich Albert Bund. Dennoch hat sich der Kartoffelkäfer bis heute in Esch gehalten, und ich kann mich auch noch daran erinnern, wie ich als Kind in den 1980er Jahren mit meinem Opa in der Besch die Käfer und Larven in eine alte Blechdose gelesen habe, um sie dann in der Emsbach zu ersäufen.

Kommentar verfassen