Archiv der Kategorie: Jahresverlauf

Staffel – Kerberuf

Die Staffel oder der Kerbeschrei beginnt mit einer Frage des „Vorschreiers“, auf den die Angesprochenen (meist alle Mitglieder der Kerbegesellschaft) entsprechend antworten. Die Reihenfolge die Anzahl der Fragen sind durchaus variabel. Hauptsache die Antwort stimmt und es ist laut genug.

Kerbeborsch? – HIER!

Kerbemädscher? – HIER!

Kerbehammel? – MÄÄÄÄÄH!

Wem is die Kerb? – USSER!

Un se werd… – GEHALLE!

Un se wird… – VERSOFFE!

Heut unn… – IMMER!

Was saufe mir? – BIER!

Was saufe die Annern? – singen: KAAABA KAAABA hält sie gesund, macht sie fett und kugelrund!

Zickezackezickezacke – HEU HEU HEU!

Was frisst die Kuh was scheißt die Kuh? – HEU HEU HEU!

Was hat die Oma unnerm Rock? – HEU HEU HEU!

Was hat die Polizei im Kopp? – HEU HEU HEU!

Zickezackezickezacke – HEU HEU HEU!

Unn wenn die Stern vom Himmel falle… – DIE ESCHER KERB WERD DOCH GEHALLE!

Fastnacht

Traditionell sind die Escher keine so großen Fastnachter wie z.B. die Mainzer oder die Rheinländer. Dennoch gab es über die Zeit verschiedene Fastnachtsveranstaltungen. Aus der Nachkriegszeit sind Fotografien von Kustümfesten im Saal Lanz erhalten, bei denen es sich sicher um Fastnachtsveranstaltungen handelte. Aus den 1980er Jahren erinnere ich mich an den Maskenball des Turnverein Esch 1893 e.V. am Rosenmontag in der Turnhalle, zu dem Männer und Frauen getrennt und die Frauen Maskiert gingen. Erst um 0 Uhr war die so genannte „Demaskierung“ und man konnte sehen, mit wem man so den ganzen Abend tanzte.

Es gab einen Kinderfasching, ebenfalls in der Turnhalle und anfangs noch ohne großes Programm, und Dienstags einen Lumpenball im Gasthaus Zur Krone. An weitere Verantaltungen erinnere ich mich nicht. Was ich aber sicher weiß, ist, dass wir als Kinder bis zumindest Ende der 1980er Jahre am Fastnachtdienstag zu den Häusern gingen um dort zu klingeln und nach dem Singen des Fastnachtsliedes Süßigkeiten einzufordern. In den 1990er Jahren wich dies kurzzeitig dem „Wegzoll“, bei dem sich das Einfordern von Süßigkeiten auf die Straße verlagerte. Inzwischen wird dies wohl eher an „Halloween“ gemacht.

Das Escher Fastnachtslied

Hohoho, die Fassenacht is do!

Ich hunn gehört ihr hätt geschlacht

unn hätt so lange wörscht gemacht

gebt mer von de Lange,

lass die korze hange!

Lasst mich net so lang hier stih,

ich muss es Häusje weiter gih!

In den 1990er Jahren, mit dem Dorfgemeinschaftshaus, kam auch eine neue Art der Fastnachtsfeier auf. Es gab am Sonntag einen „Kreppelkaffee“, der allerdings Sonntags nachmittags stattfand und erstmals einen „Elferrat“ und den Charakter einer Sitzung hatte. Dabei wurde ein buntes Programm geboten, und oftmals ging es bis nach Mitternacht. Auch der Kinderfasching wurde auf neue Beine gestellt und von den „Escher Hexen“  ausgerichtet. Veranstalter war weiterhin der Turnverein Esch 1893 e.V. In den 2010er Jahren endet auch diese Veranstaltungsreihe.

Am Aschermittwoch durften die katholischen Kinder früher (ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das heute noch so ist) morgens in den Gottesdienst gehen und sich ihr Aschekreuz abholen. Am abend gab und gibt es, teils in den Gaststätten, teils bei den Vereinen, traditionell das Heringessen, mit dem dann die Fastenzeit beginnt.

 

Escher Lied

Oh du mein schönes Eschje,
Du Perle an der Ems,
Du hast so schöne Mädcher,
Aber ich, ich hab noch kens.

 

Refrain:

Seht hoch die Sonn am Himmel,
Do geht es Herzje uff,
Do gibt’s en Weck un e Wörschtje,
Un e Schnäpsje hinne druff.

 

Im Sommer wern Rebe geschnidde,
Do geht die Scher, schnipp, schnapp,
Un gibt’s emol e Knerzje,
Da nemmer die Seh un schneids ab.

 

Refrain:

Seht hoch die Sonn am Himmel,
Do geht es Herzje uff,
Do gibt’s en Weck un e Wörschtje,
Un e Schnäpsje hinne druff

Mei Esch

Ringsum vo Berje ingefaßt,
Nur nach dem Goldne Grund zu offe,
Liegt‘ Dörfche mei, mei lieblich Esch,
Das ich ins Herz hab ingeschlosse.

 

Uff ahner Seit‘ de Wingertsberg
Mit goldne Ährn, mit Korn un Waas,
Es Emstal un de Dinkelstaa
Mit mancher schöne Tanneschnaas.

 

Mit seine Wiese tief im Wald,
Ka schöner Plätzche find ich nit,
Es werd gelobt vo jung un alt.

 

Dorchs Eschtal geht’s zum weise Staa,
Wo dies Johr unser Brochfeld lieht,
Die Kreuzheck mit Kartoffele,
Un Äcker, wo de Klee jetzt blüht.

 

Des Marschbachtal, de alte Berg,
De Gilges- un de Lippegrawe,
De Münzeberg un hinnerm Hahn,
Des is de Schluss vom goldne Raame.

 

Do mitte drinn, uff rote Dächer,
De Kerchtorm mit sei’m schöh‘ Geleut,
Guckt friedlich uffs geschäftige Treiwe,
Die schönste Heimat, weit un breit.
Quelle:
Karl Byron in "Heimatjahrbuch des Untertaunuskreises 1950"

Zwischen den Jahren

Die Redewendung „zwischen den Jahren“ meint ursprünglich die Zeit zwischen dem 1. Weihnachtsfeiertag und dem Dreikönigstag. In allen Mondkalendern, die nur 354 Tage haben, wurden hier die fehlenden 11 Tage „eingeschoben“. Im Volksglauben hatten diese so genannten „toten Tage“ ganz besondere Eigenschaften. In dieser Zeit liegen auch die zwölf Rauhnächte, in denen gemäß alter Mythen Geister und Dämonen ihr unwesen treiben. Heute meint der Begriff „zwischen den Jahren“ landläufig nur noch die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr.

Aberglaube und Brauchtum

In den Raunächten, aber auch teilweise in den Tagen zwischen den Jahren sollen Geister und Dämonen umgehen. Die Tore zum Geisterreich sind in beide Richtungen geöffnet. Somit ist in dieser Zeit besondere Vorsorge gegen böse Einflüsse zu treffen, es besteht aber auch die Möglichkeit mit den Geistern kontakt aufzunehmen, so das wahrsagerische Praktiken möglich werden. So ist es auch in Esch durchaus verpönt zwischen den Jahren Wäsche aufzuhängen. Dies bringt im einfachsten Falle nur Unglück, im schlimmsten Falle stehlen die Geister die weißen Laken um sie im Laufe des Jahres als Totenhemden für die Hausbewohner zu verwenden. Wenn man also Todesfälle im kommenden Jahr verhindern möchte sollte man zwischen den Jahren keine Wäsche aufhängen. Den Geistern und Dämonen gilt auch der Lärm der in der Silvesternacht erzeugt wird. Sie sollen damit abgeschreckt werden und somit kann Unglück vom neuen Jahr fern gehalten werden.

Die Zeit zwischen den Jahren hat Symbolcharakter für das kommende Jahr. Wer mit Schulden in das neue Jahr geht wird auch von Geldsorgen nicht verschont bleiben. Es empfiehlt sich daher auch, immer etwas Kleingeld mit sich zu tragen. Auch ein unordentliches Haus und Streit zwischen den Jahren werfen einen schlechten Schatten auf das kommende Jahr.

Neujahrswanderung 1937 am Petershammer

Neujahrswanderung 1937 am Petershammer

Am 27. Dezember, dem so genannten Bündelchestag, zogen traditionell Mägde und Knechte von Hof zu Hof um sich eine neue Anstellung für das kommende Jahr zu suchen. Der Begriff des „Kisten rückens“ steht damit in Zusammenhang. Beim Auszug aus dem elterlichen Haus bekamen die zukünftigen Mägde eine Kiste mit gegeben, in der sie ihre Habseligkeiten in der mindestens einjährigen Zeit auf dem fremden Hof aufbewahren konnten. Die Kiste wurde dann am Bündelchestag beim Wechsel einer Anstellung auch mitgekonnen. Beim Transport der Kiste (dem „Rücken“) war die männliche Jugend des jeweiligen Ortes nur all zu gerne behilflich. Das Wandern am Bündelchestag oder kurz darauf hat sich bis in die heutige Zeit auch in Esch und Umgebung erhalten. Viele Vereine, aber auch Familien, veranstalten zwischen den Jahren ihre Jahresabschlusswanderungen, bei denen von Esch aus oft ein Gasthaus in einem Nachbarort aufgesucht und von dort aus zurück gewandert wird.

Veranstaltungen zwischen den Jahren sind m.W. eher selten. Ich erinnere mich allerdings an ein alljährliches Preisskat-Turnier des Sportverein 1921 Esch e.V. im Sportlerheim oder im Dorfgemeinschaftshaus, das in dieser Zeit stattfand.

Kerbelied / Wo ist denn der Johann?

Kerbeborsch sinn lustge Brüder, haben frohen Mut,
singen lauter lustge, lustge Lieder, sind den Madels gut.
singen lauter lustge, lustge Lieder, sind den Madels gut.

Jaa, jaa, jaa, ja, ja, wenn’s losgeht sind wir da!
Jaa, jaa, jaa, ja, ja, wenn’s losgeht sind wir da!

Guter Wirt geh in den Keller,hol en neue Bembel nuff
heute wolle mer Äbbelwoi saufe, heut geh‘ mer net nachhaus,
heute wolle mer Äbbelwoi saufe; heut geh‘ mer net nachhaus,

Jaa, jaa, jaa, ja, ja, wenn’s losgeht sind wir da!
Jaa, jaa, jaa, ja, ja, wenn’s losgeht sind wir da!

Haben wir drei Tag gesoffen, und die is Kerb dann aus,
dann schickt uns der Kerbevadder wieder ohne Geld nach Haus’,
dann schickt uns der Kerbevadder wieder ohne Geld nach Haus’,

Jaa, jaa, jaa, ja, ja, wenn’s losgeht sind wir da!
Jaa, jaa, jaa, ja, ja, wenn’s losgeht sind wir da!

Wo ist denn der Johann, ist der Johann nicht zuhaus
Ist auf der Kirmes, sucht sich eine aus ja, ja, ja
Wo ist denn der Johann, ist der Johann nicht zuhaus
Ist auf der Kirmes, sucht sich eine aus

Escher Fassung, frei nach „Soldaten das sein lust’ge Brüder “ von 1815

Kerb

Die Escher Kerb fällt traditionell auf den 19. Sonntag nach Trinitatis, das ist i.d.R. das dritte Wochenende im Oktober. Die Ursprünge der Kerb in der heutigen Form sind noch nicht bekannt, die „Kirchweih“ dürfte aber zumindest auf das 18. Jahrhundert zurück gehen. Die ältesten derzeit vorliegenden Nachweise einer Kerbegesellschaft stammen aus dem Jahr 1922, die „Kerbegesellschaft“ ist aber sicherlich deutlich älter.

Im Verlauf der Zeit entwickelten sich rund um die Kerb viele Bräuche und Traditionen, unter anderem die Kerbeborsch und ein zughöriges Liedgut und Spruchtum, was sich teilweise von dem der umliegenden Gemeinden unterschied. Insbesondere ist eine Grenze zwischen den ehemaligen Untertaunus-Gemeinden und dem Hochtaunus zu erkennen, wo einige Lieder mit anderen Texten gesungen werden. Die Kerbegesellschaft, zu der erst in den 90er Jahren erstmals auch Mädchen gehörten, bestand aus der Dorfjugend und dem Kewevadder (zeitweise auch Kerwepräsident), später auch einer Kerwemudder. Voraussetzung für die Kerbeborsch und -mädcher war grundsätzlich ein passendes Lebensalter und die Tatsache, dass man noch nicht verheiratet sein durfte. Traditionell wurden die Rivalitäten zwischen den Dörfern auf den jeweiligen Kerben lautstark ausgetragen, wobei sich die örtliche Kerbegesellschaft dabei durchsetzen und die Platzherrschaft behaupten musste, sonst galt die Kerb als „abgenommen“.

Symbole der jeweiligen Kerb, wie etwa Kerbefahnen (gab es in Esch eigentlich nie), der Kerbebaum und der Schlackes (eine Strohpuppe, die die Kerb symbolisierte, später auch Johann genannt) durften nicht in die Hände anderer Gruppen fallen. Erhebliche Ablösen und vor allem Gesichtsverlust waren die Folge.

In den Jahren 1976 bis 1978 wurde die Kerb, wie sich Stefan Moog erinnert, in sehr großem Stil gefeiert, der Kerbeumzug war laut der Idsteiner Zeitung einer der größten in der ganzen Gegend und hatte bis zu zwanzig Zugnummern. Organisatoren waren neben den jeweiligen Kerbegesellschaften vor allem Friedel Moos, Stefan Moog, Fritz Flören und Thomas Weller. Die Zugspitze bildete Günther Engel mit seinem Auto. Der Zug wurde auch „die Quetsch“ genannt, da Quetschekuche in großem Umfang (man maß ihn in Quadratmetern, deren Anzahl schon mal zweistellig war) entlang der Zugstrecke verteilt wurde. Zudem existierte in den genannten Jahren jeweils ein echter Kerbehammel, genannt Oskar (gefolgt von Oskar II. und Oskar III.), der einige Wochen nach der Kerb die Hauptrolle beim Hammelessen im Gasthaus Zum Grünen Baum spielen durfte. In diesen Jahren war Kerbevadder Achim Diehl und Kerbemudder Gertrud Heilhecker.

Ein typischer Ablauf in den 1980er/1990er Jahren war folgender:

Tag               Programmpunkt
Freitag          Kerbebaum aus dem Wald holen und bewachen
Samstag       Kerbebaum an der Turnhalle aufstellen und Kerbetanz in der Halle

Sonntag       Frühschoppen, ggf. Tombola, Kerbezug

Montag        Ausklang in den Gaststätten
Dienstag      0 Uhr, Ende, Verbrennen des Schlackes

Dabei gab es auf dem Parkplatz im Turnhallenweg einen Rummelplatz mit Autoscooter, Kettenkarusell, Schießbude, Losbude und Zuckerstand. Ausrichter der Kerb war der Vereinsring, der auch für die Rahmenbedingungen wie Genehmigungen und Versicherungen sorgte. Ausrichter der Kerben in der Turnhalle war der Turnverein Esch 1893 e.V.

Kinderkarussell auf der Escher Kerb, 1984

Kinderkarussell auf der Escher Kerb, 1984

Mitte der 1990er Jahre kam die Kerb fast zum Erliegen. Eine letzte Kerbegesellschaft richtete 1998 nach einer mehrjährigen Pause zusammen mit dem Vereinsring die erste und bislang einzige Kerb im Dorfgemeinschaftshaus aus. Kerwevadder war Peter Heilhecker.

Die bislang letzte Escher Krebsgesellschaft bei der Kerb 1998 im DGH.
Oben stehend v.l.n.r.: Christian Kern, Jasmin Heilhecker, Marco Gissel, Marcel Byron, Volker Ermel, Dorothe Mayer, Melanie Merkel, Jan Kirchner, Matthias Ott
Oben sitzend v.l.n.r.: Matthias Moog, Dorian Schwed, Andreas Erhardt, Stephanie Kern.
Unten stehend v.l.n.r.: Bürgermeister Rudolf Dörr, Vereinsringsvorsitzender Manfred Hönge, Herbert Engelhardt

Zwsichen 1998 und 1999 löste sich der Vereinsring auf, so dass die bereits geplante Kerb 1999 keine wirtschaftliche Basis mehr hatte und nicht mehr durchgeführt wurde. Immerhin gibt es neben der Einfahrt zum Vorplatz des DGH noch ein für einen Kerbebaum vorgesehenes Loch. Vielleicht wird es ja mal wieder irgendwann…